Trauer als Chance sehen und neuen Lebensmut gewinnen
Die letzten beiden Jahre haben uns Themen wie Tod und Sterben deutlicher vor Augen geführt. Zeitweise waren sie omnipräsent in Medien, Gesellschaft und Politik, was die ohnehin schlummernden Ängste der Menschen noch mehr entfache. Dabei handelt es sich bei Tod und Sterben um ganz natürliche Aspekte unseres Lebens. Dennoch hat der moderne Mensch verlernt, damit umzugehen und die Trauerarbeit als Chance für sein eigenes Wachstum zu verstehen. Im folgenden Text soll es genau darum gehen und Anreize geben, ein liebevolles Gedächtnis an unsere Verstorbenen zu etablieren.
Fehlende Trauerkultur
In unserer schnelllebigen und noch immer sehr konsumorientierten Gesellschaft wird rasch ersichtlich, dass Themen, die den Alltag durcheinanderbringen oder uns zum Innehalten veranlassen könnten, sehr weit von uns geschoben werden. Dafür bleibt schlicht keine Zeit. Das würde sonst bedeuten, sich bewusst damit auseinandersetzen zu müssen und das vermeiden wir tunlichst. Zu tief sitz vielleicht der Schmerz vergangener Todesfälle, zu groß scheinen die Ängste, geliebte Menschen gehen zu lassen. Umso herausfordernder wird es dann, wenn wir unvorbereitet mit dem Tod konfrontiert werden.
Möglicherweise liegt die Ursache für die Tabuisierung von Tod und Trauer darin, dass im Vergleich zu alten Völkern wie den Kelten, Ägyptern oder Germanen einfach keine liebevolle und Kraft spendende Trauerkultur vorherrscht. Es wird kaum darüber gesprochen, außer vielleicht einmal im Jahr an den Gräbern oder im Religionsunterricht oder bei Kinderbesuchen. Wir haben verlernt, uns Zeit zum Trauern zu nehmen, uns zu verabschieden, in die neuen Gegebenheiten nach einem Todesfall hineinzufinden und auf lange Sicht damit umzugehen lernen.
Die alten Kulturen verehrten nicht umsonst ihren Ahnen sehr, da sie der Meinung waren, von ihnen aus der neuen Position Schutz und Beistand zu erhalten. Für uns sind Tod und Trauer noch immer dunkle Themen, die uns in ein tiefes Loch der Verzweiflung stürzen. Möglicherweise wäre es an der Zeit, eine Trauerkultur zu etablieren, die dem Tod den Schrecken nimmt und die Trauer als heilsamen Segen versteht.
Angst vor der eigenen Endlichkeit
Die größte Angst, die Tod und Sterben in uns auslösen, ist mit Sicherheit jene vor dem großen Unbekannten. Trotz unseres inzwischen weiten Wissensstandes in so vielen Bereichen weiß niemand mit Gewissheit, was zum Zeitpunkt des Todes geschieht oder wie es danach weitergeht. Es handelt sich wahrscheinlich um eines der letzten Mysterien des Lebens und das ist auch gut so.
Doch der Mensch mag das Unbekannte nicht! Vor allem dann, wenn es ihn an seine eigene Endlichkeit erinnert. Das passt nicht zu dem Leben schneller, höher, weiter, erfolgreich Karriere machen und alles auszuprobieren.
Doch – irgendwie schon! Denn wenn uns manchmal bewusster werden würde, dass auch wir eine Ablaufzeit haben, würden wir es uns manchmal nicht so schwer machen, sondern hinterfragen, was uns eigentlich guttut. Vielleicht würden wir verstehen, dass nicht das Geld zählt oder wie viel wir heute wieder gearbeitet haben. Das wird am Ende keine Rolle mehr spielen, sondern der Frieden mit sich und dem Leben. Wir existieren nun einmal nicht ewig. Alles Pulver innerhalb weniger Jahrzehnte zu verschießen, kann daher kaum das Ziel sein, wenn dafür Achtsamkeit und die kleinen Impulse verloren gehen. Die Getriebenheit des Menschen führt ihn davon jedoch immer weiter weg und so wird der Tod zum großen Spielverderber, den es weit genug wegzuschieben gilt. Demut und das Wissen, dass wir hier auf Erden nur Gäste sind, würde dem gesamten Weltgeschehen sehr guttun und die eigene Endlichkeit als Teil des Kreislaufes anerkennen.
Der Tod als Chance für Wachstum
Tritt der Tod naher Angehöriger, Freunde oder geliebter Tiere in unser Leben, so legen sich Schock, Traurigkeit und Ohnmacht über uns und eine ganz natürliche Phase der Trauer beginnt. Diese lässt sich nicht als geradlinig bezeichnen, sondern wird uns die nächste Zeit durch Höhen und Tiefen führen. Der damit verbunden Prozess mag schmerzhaft sein und uns zeitweise viel Substanz kosten, dennoch bietet er die Chance, gestärkt daraus hervorzugehen und das Leben fortan mit anderen Augen zu sehen. Viel zu häufig nehmen wir das tagtägliche Geschehen als selbstverständlich, bestimmte Menschen als immer vorhanden und unsere Gesundheit als konstant an. Tod und Verlust sensibilisieren wieder mehr dafür, dass all diese Dinge kommen und gehen und wir sie öfter hegen, pflegen und bewahren dürfen.
Lernen wir tiefe Dankbarkeit für das Leben
Alles kommt und geht, auch der Tod.
Entwickelt sich eine tiefere Dankbarkeit für als das, was unser Leben bereichert, dann haben wir wichtige Lektionen daraus verinnerlicht. Die größte davon dürfte die Trauer selbst sein, die uns in Kontakt mit den größten seelischen Schmerzen bringen und anregen kann, den/die Verstorbene/n in Frieden gehen zu lassen. Dann verändert sich auch unser eigener Zugang und wir verstehen, dass wir keine Angst vor dem Tod haben müssen, sondern er ein vorübergehender Besucher ist.
Bewusste Trauerarbeit – einige Ansätze
Wie oben bereits angedeutet, fehlt es uns an einer bewussten Trauerkultur und damit an Ansätzen, wie wir Todesfälle für uns persönlich verarbeiten können. Im Folgenden seien einigen Anregungen dazu aufgelistet:
• Fokusveränderung: Im Schmerz und in der Trauer sehen wir häufig nur das Negative (Dunkelheit, Kälte, Einsamkeit,…). Dabei kann es nützlich sein, den Fokus darauf zu legen, was wir uns stattdessen wünschen wie Wärme, Licht, Verbundenheit, Nähe oder Austausch. Natürlich ist dies nicht jeden Tag gleich, das darf dann auch sein. Nutzen Sie daher kleine Rituale wie das Anzünden einer Kerze, das Gebet oder liebevolle Gedanken an die verstorbene Person.
• Eigene Bedürfnisse: Für die individuelle Trauerarbeit zählen vorrangig die eigenen Bedürfnisse und das Recht, diese auch achtsam umzusetzen. Es gibt keine Vorschriften, wie Trauer abzulaufen hat oder welche Phasen wir bis zum Ende durchlaufen müssen. Viel wichtiger ist, in sich hinein zu hören und zu spüren, was brauche ich? An manchen Tagen kann uns mehr Ruhe guttun, an anderen kommen Emotionen und an wieder anderen wünschen wir uns einen Tapetenwechsel. Dann tun Sie das bitte im Rahmen Ihrer Möglichkeiten!
• Hilfe annehmen: Viele Menschen glauben ihr ganzes Leben, so auch in der Trauerphase, stark sein und alles mit sich alleine ausmachen zu müssen. Gerade nach einem schweren Schicksalsschlag dürfen wir auch mal schwach sein und Hilfe annehmen. Das muss ja nicht gleich eine ärztliche oder psychologische Maßnahme sein, vielleicht einfach nur eine liebevolle Geste nahestehender Menschen. Auch eine Reihe an Helfern aus der Natur wie Kräuter, ätherische Öle, Heilsteine oder Bach-Blüten können uns in der Trauerarbeit stärken.
• Besinnung: Zeit zum Innehalten, sich aus dem Alltag rausnehmen und zur Ruhe zu kommen sind elementar wichtige Aspekte der eigenen Trauerarbeit. Nützlich kann dazu sein, eine oder mehrere Entspannungsverfahren zu erlernen (Autogenes Training, Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga, Atemtechniken, Mediation, QiGong,…). Diese Methoden unterstützen die innere Einkehr und bieten die Möglichkeit, das Geschehene zu verarbeiten, den Schmerz loszulassen und in die innere Kraft einzutauchen. Dann wird es leichter, ein liebevolles Gedächtnis zu entwickeln.
Übung: Das innere Licht
(verfasst in respektvollem Du)
Zünde eine Kerze an, blicke in ihre Flamme und schließe nach einigen Momenten deine Augen. Wie sieht es in dir aus? Ist es kalt, dunkel? Spürst du eine Leere? Erscheint dir eine bestimmte Landschaft? Entzünde nun dort, wo du jetzt bist, ein Licht wie die Kerze vor dir. Ganz egal, ob du ein Streichholz, ein Teelicht oder ein Feuer entzündest, beobachte das dabei entstehende Licht. Spüre seine Wärme und seine Kraft. Je mehr du dich darauf konzentrierst, desto größer und stärker wird es, dein inneres Licht. Wenngleich es jetzt noch klein und schwach erscheint, mit jedem weiteren Besuch wird es wachsen und strahlen. Widme es dem geliebten Menschen, der bereits im Licht ist.
Philipp Feichtinger, Heilpraktiker, Naturheil- und Hypnosetherapeut, Reiki-Lehrer, Schamanic-Counsellor, Organetiker, AMQ-Mentalcoach sowie Autor. Führt seine eigene Praxis in Riedau/Österreich.
Abbas Schirmohammadi, Heilpraktiker für Psychotherapie, Mentaltrainer und Coach. Zählt zu den führenden Entspannungsexperten Deutschlands. Autor von über 120 Gesundheits-CDs und 500 Fachartikeln.
Abbas Schirmohammadi und Philipp Feichtinger
Liebevoll getröstet, Set: 40 Karten mit Anleitung, 24,95 Euro
Schirner Verlag
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